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Das Münsterbergkreuz


Münsterbergkreuz

 

Im Folgenden das Ergebnis der Recherchen von Historikerin Maria Braus. Der Text wurde während der Einweihung des neuen Münsterbergkreuzes am 04.10.2020 vorgetragen:

 

Ein Standort mit 500 jähriger Geschichte

„In diesem Zeitraum plagten die Menschen nicht nur Kriegswirren, sondern auch die Geißel der Pest und des Hungers, und das nicht nur einmal. Im Jahre 1519 zogen sich einige Brüder [] von Prüm wegen der Ansteckungsgefahr in das Kloster Malmédy zurück; diese Seuche wütete in den folgenden Jahren an verschiedenen Orten unserer Heimat in merkwürdiger Weise“.

 

Diese Vorgänge, von denen der Prümer Mönch Servatius Otler berichtet, trafen sicher auch die Bewohner des Wohnplatzes in der Schneifel, der bis heute den Flurnamen „Bei der alten Kirch“ trägt. Auch die daran angrenzenden Flurnamen wie „In der Pfaffendell“„Auf Frankenwiesen“ und „Au dem Schäferbüsch“ lassen auf eine frühe Besiedlung und die Nutzung dieser Schneifelhöhe als Weideland für die Schafherden schließen. Der Daleidener Pfarrer Michael Bormann berichtet 1842 von Ausgrabungen vor Ort, die die Grundmauern und Ziegel der alten Kirche sowie Überreste weiterer Gebäude zu Tage befördert hätten.

 

Die Überlebenden der  Pestkatastrophe von 1519 haben sich wohl im Mehlental – also etwa 3 Kilometer von der alten Kirche entfernt – niedergelassen, so der Volksmund bis heute.

 

Tatsächlich sind für das Mehlental auf der Schwelle zur Neuzeit einschneidende Veränderungen belegt.

 

- Die Mœnster- oder Münsterberg-Erbschaft, eigentlich ein Ritterlehen, ging in Bauernhände über und diese Bauern mussten nun die Abgaben und den Zehnten bezahlen, da die bisherigen Inhaber die Erbschaft nicht mehr mit dem Schwerte bedienen konnten. So die Vereinbarung von 1530.

 

- Am unteren Münsterberg wurde unser Friedhof angelegt und auf diesem auch die erste, oder wenn man die Kirche in der Schneifel dazu zählt, die zweite Gondenbretter Kirche errichtet.

 

- Auf der Höhe des Münsterberges – weithin sichtbar –errichtete man zum Gedenken an die Katastrophe das Gondenbretter Pestkreuz.

Das Kreuz lag an dem Verbindungsweg von Gondenbrett über Walcherath nach Prüm und markierte damit auch die Grenze zu den Kämmereibezirken Hermespand und Prüm.

 

Sicher hat der Vorbeireisende gern dort angehalten, das Kreuz gegrüßt und vielleicht ein kurzes Gebet gesprochen

 

Für den Beginn des 17. Jahrhunderts, und zwar für die Jahre 1604, 1612, 1626 und insbesondere das Jahr 1636 wird wiederum von einer verheerenden Pestepidemie berichtet, die in der Region zur Entvölkerung und Aufgabe ganzer Dörfer führte.

 

Gottesdienste feierte man an Sonn- und Feiertagen an den Pestkreuzen. Diesen Gottesdiensten wohnten die Bewohner der umliegenden Dörfer auf den Bergen zerstreut in weiter Entfernung bei, so berichten es die zeitgenössischen Quellen.

 

Das  Gondenbretter Kreuz war das Ziel vieler Pilger und Prozessionen.

 

Seit etwa 1800, als Gondenbrett, mit Wascheid , Mehlen und einem Teil von Walcherath unter französisch-napoleonischer Verwaltung von Olzheim abgekoppelt und selbständige Pfarrei wurde, führte die Erasmus-Prozession an jedem 2. Juni des Jahres zum „ehrwürdigen Kreuz auf der Höhe“. Pfarrer Heidrich berichtet noch Mitte der 1960-ziger Jahre, dass man sage, Dionysius sei der Patron der Pfarrkirche und Erasmus der Patron der Zivilgemeinde.

 

Die Erasmus-Prozession führte über 7 Kreuzwegstationen zum Münsterbergkreuz. Da keine materiellen Spuren dieser Figuren erhalten sind, darf man annehmen, dass diese aus Holz gefertigt waren.

 

Die älteste verlässliche Kartenaufnahme der Rheinlande aus dem Jahre 1803 weist dann auch das alte Kreuz hier an dieser Stelle aus.

 

Nachdem die Pfarrgemeinde um Pfarrer Müller-Prangenberg am 8. September 1944, angesichts der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs das feierliche Gelübde abgelegt hatte, führte die jährliche Gelübdeprozession zunächst zur Kapelle auf den Kalvarienberg.

 

Nach der Zerstörung dieser Kapelle in Folge des verheerenden Explosionsunglücks im Jahre 1949, wurde wieder das Münsterbergkreuz Ziel der Gondenbretter Prozession.

 

Beeindruckende Fotos aus den Jahren 1964 und 1965 zeigen eine feierliche Prozession der sicher annähernd vollzähligen Bevölkerung auf dem Weg dorthin und bei der Andacht unter dem Kreuz.

 

Zentrales Thema der Predigt war nun der Sühnegedanke angesichts der Verbrechen des NS-Regimes und die Bitte um Frieden vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges und der atomaren Bedrohungin der Zeit des Kalten Krieges.  Man dachte 1964 sogar daran, neben dem Kreuz eine Kapelle zu errichten – so Pfarrer Arnold Heidrich in seiner Chronik.

 

Nach der Anlage des Pfarrgartens und der Aufstellung der „Regina Pacis“ wurde die Gelübdefeier 1966  in den Pfarrgarten vor der Pfarrkirche verlegt.

 

1984 fand das alte Kreuz dann einen neuen Platz neben der Friedhofskapelle auf dem neuen Friedhof Gondenbrett.

 

Das sogenannte Pestkreuz (ursprünglich auf dem Münsterberg, heute auf dem Friedhof in Gondenbrett)

 

Wenn wir heute die Aufstellung und die Einweihung des neuen Münsterbergkreuzes feiern, das bedeutet auch, dass das wertvolle Gondenbretter Pestkreuz wieder mehr in den Blick gerückt wird. Konkretisiert wird das auch durch die Aufstellung von 2 Infotafeln sowohl am jetzigen Standort des alten Kreuzes als auch hier neben dem neuen Kreuz und einer dritten Tafel die die Pilger auf dem Jakobsweg (Weltkulturerbe) zum neuen Kreuz führt.

 

Aus dem kollektiven Gedächtnis der Menschen in der Region war das Münsterbergkreuz aber eigentlich nie verschwunden, wie viele Aussagen es immer wieder bestätigt haben.

 

So schließt sich heute auch ein Kreis.

 

Maria Braus, Gondenbrett